Bewusstsein, die Welt
und die Frage nach einem erfolgreichen Leben
Der
allgemeingültige, wissenschaftliche Ansatz zur Entstehung unserer
Welt und unseres Bewusstseins proklamiert eine relativ klare
Reihenfolge: in einer Art Urknall entstand das Universum, darin die
Sterne und Planeten; auf dem Planeten entstand Leben; im komplexen
Leben entstand dann letzter Instanz Bewusstsein (im Gehirn bzw.
Nervensystem).
Von
der Materie zum Bewusstsein: auf diese gelernte Weise nimmt der
Mensch seine Position im Universum wahr: ein winziges verlorenes
Lebewesen in einem unendlichen Universum - Leben ohne wirklichen
Einfluss.
Diese
materielle Sichtweise existiert rein gedanklich als wissenschaftliche
Erkenntnis – sie hat nichts mit einer direkten Erfahrung zu tun.
Sie ist auch nicht unumstritten: so gab und gibt es immer wieder
Wissenschaftler, wie der Physiker John Wheeler oder
auch Stephen Hawking, welche das Bewusstsein als Faktor für die
Beschaffenheit des Universums berücksichtigen wollten.
Aus wissenschaftlicher Sicht kann und
will ich das auch gar nicht beurteilen, was die Quantenphysik für
theoretische Blüten treibt und wie diese wissenschaftlich diskutiert
aber auch esoterisch missbraucht werden, um wilde Theorien zu
stützen.
Ich kann an dieser Stelle nur
berichten, wie sich der Blick auf die Welt ändert, wenn man täglich
meditiert. Es ist eine klare und direkte Erfahrung, dass es keine
Trennung zwischen Bewusstsein und Welt gibt. Als untrennbarer Teil
der Erscheinungswelt erscheinen im Bewusstsein sowohl Geist und
Körper, als Gedanke, Emotion, Empfindung... Die Welt wird zu einer
direkten und unpersönlichen Erfahrung, weil die sogenannte
Persönlichkeit in ihre Bestandteile zerlegt und nicht mehr durch
Gedanken, Erinnerungen und Assoziationen zusammengesetzt wird. Diese
existieren als lose Einzelteile im Erfahrungsraum des ICH BIN, dem
Bewusstsein, aus welchem die Aufmerksamkeit entspringt, welche die
Erfahrung überhaupt ermöglicht. Das Bewusstsein wird dabei zur
Matrize für die Welt und alles was erscheint, d.h. die Welt
existiert, anders als im materiellen Weltbild, ausschließlich
innerhalb des Bewusstseins.
Auf eine meditative Weise die Welt zu
erfahren, ist eine höchst natürliche Erfahrung, die dennoch nichts
mit der erlernten menschlichen Wahrnehmung zu tun hat.
Ich gebe gerne ein Beispiel. Gestern
habe ich eine kleine Wandermeditation gemacht. Man wandert dabei
vorzugsweise durch die Natur und befindet sich dabei in einem
meditativen Zustand. Es wird lediglich bemerkt, wie alles geschieht:
das Laufen, Sehen, Hören, Empfinden... Alles findet statt, ohne das
sich die Aufmerksamkeit darin verliert – diese ruht in ihrer
Quelle. Losgelöst von den empfundenen Beschränkungen verändert
sich die Welt dramatisch. Die Farben intensivieren sich, das Grün
der Bäume wird leuchtend, das Vogelzwitschern ist intensiver, die
Welt erscheint wabernd, wie in einem Traum...
Es ist als direkte Erfahrung spürbar,
dass in der Kreation dieser Erscheinungswelt, nichts als Freude und
Liebe steckt. Nichts, was darin passiert ist so real, wie wir Glauben
mögen, aber es ist eine kraftvolle Erscheinung, die wir mithilfe
eines Vehikels aus dieser Erfahrungswelt begreifen dürfen. Der
Körper wird plötzlich als Geschenk wahrgenommen, wie ein U-Boot,
welches uns erlaubt, zum ersten Mal die Tiefsee zu erleben.
Mit der Aufmerksamkeit im Bewusstsein
ruhend, wird deutlich, dass wir als Vehikel einerseits ein Teil
dieser Erscheinungswelt sind, aber niemals von dieser Welt sein
können.
Da kann es keinen Wunsch mehr geben,
irgendetwas in dieser Welt verändern zu wollen. Wer sollte so etwas
tun? Und warum? Die Ursache für ein Warum ist ein Gedanke, eine fixe
Idee, die irgendwelche Hoffnungen nährt. Dabei ist alles in dieser
Welt derart, wie es das Bewusstsein ausspielt. Unendliche Variationen
des Lebens, der Lebenserfahrungen – das gesamte Spektrum von
möglichen Erfahrungen wird aus unendlich vielen Perspektiven erlebt.
Ganz gleich, ob diese als schön oder hässlich wahrgenommen werden.
Als Teil davon sind wir eine dieser unendlich vielen Perspektiven,
jedoch immer mit der Wahl, einen Schritt zurück zu treten und das
Spiel als solches und unsere wahre Natur zu erkennen.
Bleiben wir aber auf der Ebene des
menschlichen Spiels. Menschen interpretieren ihr Leben und alles, was
um sie herum geschieht. Ohne Interpretation wären wir gar nicht in
der Lage zu glauben, dass wir ein getrenntes menschliches Wesen sind.
Wir summieren im Geist die Einzelteile, bestehend aus Erinnerungen,
Wahrnehmungen, Gedanken und formen daraus eine Person und eine Welt.
Die Illusion wird im Geiste perfekt.
Wir interpretieren die Welt aber
überdies in nutzlose Kategorien, wie Erfolg oder Misserfolg, gut
oder schlecht, und versuchen selbst auf der Sonnenseite des Lebens zu
stehen. Während das Leben als Person schon Leid verursacht, schaffen
diese Kategorien noch größeres Leid.
Dabei wird nicht gesehen, dass wir mit
oder ohne Urteil handeln werden, wie es die Natur von Körper und
Psyche gebietet. Körper und Geist ändern sich durch Ereignisse im
Leben – je dramatischer die Erfahrung, desto einschneidender die
Veränderung an Körper und Geist. Ein Trauma kann beispielsweise die
Lebensweise drastisch ändern.
Während einer Wandermediation, ohne
direkten Bezug zu einer Person, läuft der Körper von selbst, wie er
es gewohnt ist. Wir grüßen Menschen, die uns begegnen, ohne einen
Gedanken daran zu verlieren. Es wird automatisch auf sämtliche
einströmenden Reize reagiert. Körper und Psyche funktionieren so,
wie sie durch die Ereignisse programmiert wurden - wie ein Automat
und daran ist nichts seltsam.
Das bedeutet, wenn der Mensch z.B. in
dieser Welt unter einer Form von Misserfolg leidet und die
Entscheidung in der Psyche getroffen wird, sich Hilfe zu holen, dann
ist diese Entscheidung eine Folge der psychischen Prägung. Je nach
Prägung wird ein Motivationscoach bevorzugt oder aber ein Psychologe
oder ein Astrologe, je nach Erfahrungshintergrund bzw.
Programmierung.
Daraus kann Erfolg oder aber weiterhin
kein Erfolg im Leben resultieren. Wer ist dafür verantwortlich? Ist
es der Mensch, der den Gedanken an Hilfe hatte und dann entweder die
erhaltenen Ratschläge umsetzen oder nicht umsetzen konnte,
verantwortlich für den Erfolg oder Misserfolg?
Was ist der Mensch? Auf welche
psychische Grundlage fällt ein Gedanke? Wer bestimmt die Ereignisse
in dieser Welt? Wer entscheidet?
Für den menschlichen Geist klingen
Ansätze von eingeschränkter menschlicher Entscheidungsfreiheit
fatalistisch. Der Mensch in seinem Bestreben, sich zu erhalten, zu
schützen und erfolgreich zu sein, wird seine Existenz als Person
nicht in Frage stellen, auch wenn es dauerhaftes Leid bedeutet. Der
Geist strebt immer nach Selbsterhalt und akzeptiert dabei die größten
Leiden aus Liebe zu sich selbst.
Es kann aber nicht fatalistisch sein,
wenn wir die Illusion an eine Person verlieren, weil wir erkennen,
was da aus unseren Augen schaut. Wenn wir erkennen, das in unserem
eigenen Bewusstsein alles entsteht. Dass wir selbst im Anfang von
allem ruhen. Welchem fatalistisch anmutenden Schicksal könnten wir
dann ausgeliefert sein?
Das eröffnet die Frage ob es
Auswirkungen auf die Erfahrungswelt hat, wenn wir unsere Natur
erkennen? Ändert sich etwas?
Natürlich tut es das - spätestens,
wenn es keine Rolle mehr spielt. Veränderungen innerhalb der
Erfahrungswelt geschehen in einem individuellen zeitlichen Rahmen.
Wenn wir z.B. unsere Ängste nach und nach verlieren (vgl. hierzu
https://freieintuition.blogspot.com/2020/03/spiritualitattraurigkeit-und-depression.html
), dann ändert sich auch unser Verhalten. Erkennen wir mehr die
Schönheit des Lebens, ändert sich nach und nach unsere gesamte
Erfahrungswelt. Das hat aber nicht unbedingt etwas mit unseren
ursprünglichen Vorstellungen von einem erfolgreichen, schönen Leben
zu tun, die unser Gedankenleben so produziert. Es gibt Menschen, die
sitzen im Gefängnis, erkennen ihre Natur und leben fortan glücklich
in ihrer Zelle. Und das war sicherlich nicht ihre ursprüngliche Idee
von Erfolg.
Der Ansatz ist hier natürlich an
anderer als bei jemandem, der einen Therapeuten aufsucht, um nach
bestimmten Maßstäben sein Leben zu verbessern. Ganz gleich, welche
Therapien eingesetzt werden: sie sind immer Bestandteil dieser
Erfahrungswelt und damit Teil dieser Illusion. Das, was diese
Illusion kreiert, kreiert eine unendliche Zahl an Möglichkeiten,
dazu zählen erfolgreiche Therapien, Rückfälle, unerwartete
Ereignisse etc.
Im Erkennen dessen hingegen, dass wir
vollständig und im Frieden sind, entfällt der Wunsch nach
Verbesserung. Auch, wenn dieser Prozess dauern kann, ist er von
erheblicher Tragweite für diese Realitätsebene. Akzeptanz, die
niemanden braucht, um gelebt zu werden, nimmt jede Erfahrung,
einfach, wie sie ist, da nicht unterschieden und geurteilt werden
muss. Es wird erkannt, dass der Frieden, der immer da ist, keine
Bedingung braucht, um gelebt zu werden.