Samstag, 13. Juni 2020


Wahrheit in Worten 
 
Worte der Wahrheit sind fließend. Die Wahrheit ist nicht fix. Es ist eine Perspektive, ein scheinbar fixer und zugleich temporärer Punkt, der für einen Moment eine Wahrheit liefert. Vielleicht morgen, aus einer anderen Perspektive wird eine andere Wahrheit offenbart, die mit anderen Worten genauso wahr ist. Wahrheit in Worten kann sich niemals auf Dauer bestätigen, deshalb gilt:

Wahrheit in der Stille
Wahrheit ohne Worte
Ist der einzige Platz
In welchem Wahrheit immer Bestand hat.

Denn was ist Wahrheit letztlich nicht? Sie kann keine Beschreibung von etwas sein, da ihr Erkennen von veränderlichen Standpunkten und trügerischen Sinnen oder Messmethoden abhängt. Das erkennt auch die Wissenschaft, welche Hypothesen als Überganglösung für eine temporär geltende Wahrheit liefert oder das Axiom, welches nicht bewiesen werden kann und nur innerhalb eines bestimmten Systems Gültigkeit hat. Da ist nichts Absolutes.
Wir hören oft, wie jemand behauptet, die Wahrheit zu verkünden. Und auch wir glauben in manchen Momenten, die Wahrheit zu vertreten, um dann irgendwann festzustellen, dass sich diese Wahrheit nicht bestätigt hat. Das gehört zum menschlichen Lernen dazu und es ist tragisch, wenn diese Einsicht eigener Fehlbarkeit im Geist keine Verankerung findet, wenn kein klares Verständnis für die eigene, menschliche Natur stattfindet. Ist es nicht ein Zeichen größter Dummheit, wenn der eigene Wahrheitsglaube zu Überheblichkeit führt?
Wahrheit in der Stille ist gültig, da die Stille unbeweglich ist. Sie ist der Zufluchtsort im Kern unseres Seins, wo keine Gedanken mehr existieren können und die Wahrheit nicht mehr verkündet werden muss. Es ist der Ort, an dem alles völlig klar ist, ohne Frage und Antwort.
Warum gibt es dann überhaupt Weisheitslehren, mag man sich dann fragen. Eine Lehre hat nur so lange eine Berechtigung, wie sie den Zuhörer in die Stille verweist, wo die Wahrheit selbst erkannt werden kann. Liest du einen Text oder hörst du einen Lehrer zu und die Gedanken werden still und ein Gefühl der Ausdehnung setzt ein, dann weist dieser Text oder Lehrer für dich in diesem Moment in die richtige Richtung. Diese Indikatoren sind wichtig. Nur sie lassen unterscheiden, ob ein Weg fruchtbar für mich ist oder nicht. Es ist das, was du selbst bist, das da ruft. Du hast dann einen Anhaltspunkt, um selbst in dir weiter zu suchen. Und wie findet man? Indem man alles fallen lässt, was eine Spur der Veränderlichkeit aufweist. Kommst du dem Unveränderlichen näher, wird auch die Wahrheit lauter. Direkt vermittelt werden kann sie jedoch niemals.

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